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Gestreckt, billig, industriell: Chinesischer Honig vs. heimische Imker

Die Qualität von Honig ist lebensmittelrechtlich sehr genau reglementiert – doch nur unzureichend kontrolliert. Seit einigen Jahren überschwemmen Importe, immer stärker auch chinesischer Honig, die europäischen Supermärkte mit teilweise verpanschten und unter fragwürdigen Bedingungen hergestellten Produkten. Seit Ende Februar beschäftigt sich sogar das EU-Parlament mit dem Problem. Wer guten Honig kaufen will, geht also am besten zum Imker seines Vertrauens.

3/11/2018 - Simon Nestmeier
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Gestreckt, billig, industriell: Chinesischer Honig vs. heimische Imker

In der EU ist die Nachfrage nach Honig ungebrochen hoch –  und so nähert sich das Importvolumen immer mehr der eigenen Produktionsmenge an: Fast 200 Mio. kg Honig wurden im Jahr 2015 importiert, während die europaweite Produktion sich mit ca. 250 Mio. kg lediglich in der gleichen Größenordnung befand. Vor allem Honige aus Ostasien finden immer stärker den Weg in die Regale europäischer Discounter. So importierte China zuletzt rund 100 Mio. kg Honig in die EU. Im Vergleich zu den 250 Mio. kg an europäischer Eigenproduktion wird deutlich, in welchem Ausmaß der Markt dadurch beeinflusst wird.

Obgleich es im Reich der Mitte natürlich auch Honiggewinnung mit kleinbäuerlichen Methoden gibt, ist der chinesische Honig in unseren Supermarktregalen sicher nicht der aus traditioneller Imkerei. Für den Massen-Export wurde in China die Branche regelrecht industrialisiert. Zwar fand diese industrialisierte Art der Honiggewinnung bereits den Weg in die Medien. Dass auch die europäischen Verbraucher immer mehr dieses Import-Honigs im Discounter kaufen, fällt dabei weitgehend durch das Raster der öffentlichen Aufmerksamkeit. Dabei wird dieser Honig oft nicht nur unter fragwürdigen Bedingungen hergestellt, sondern auch immer öfter illegal gestreckt.

Chinesischer Honig macht einen immer größeren Anteil des Importvolumens aus.

Chinesischer Honig macht einen immer größeren Anteil des Importvolumens aus.

Bild: UN Comtrade Database

Die EU-Kommission verweist darauf, dass jede fünfte Probe importierten Honigs nicht die EU-Standards erfülle. Insgesamt ist Honig auf Platz 6 der gefläschten Lebensmittel in der Europäischen Union. Während Importhonig besonders oft davon betroffen ist, sei an dieser Stelle aber angemerkt, dass Betrugsfälle auch innerhalb der EU vorkommen. Die Größenordnung der Fälschungen hat inzwischen ein Ausmaß angenommen, dass sogar das EU-Parlement aktiv wurde und sich im Kampf gegen „fake honey imports“ verstärkte Zollinspektionen und Regelungen zur Rückverfolgbarkeit auf die Agenda schrieb. Was davon umgesetzt wird, bleibt zum derzeitigen Zeitpunkt aber noch abzuwarten.


Honig ist Honig, sonst nix

Doch was bedeuten die EU-Standards überhaupt? Was man als Honig verkaufen darf, ist gesetzlich genau geregelt. In Deutschland regeln die EU-Richtlinie 2001/110 bzw. die darauf basierende Honigverordnung (im Juristendeutsch: „HonigV“) seine Kennzeichnung und Inverkehrbringung. Zur Begriffsbestimmung findet man folgende Definition: „Honig ist der natursüße Stoff, der von Honigbienen erzeugt wird, indem die Bienen Nektar von Pflanzen oder Sekrete lebender Pflanzenteile oder sich auf den lebenden Pflanzenteilen befindende Exkrete von an Pflanzen saugenden Insekten aufnehmen, durch Kombination mit eigenen spezifischen Stoffen umwandeln, einlagern, dehydratisieren und in den Waben des Bienenstocks speichern und reifen lassen.“

Grundsätzlich legt die Honigverordnung also genau das fest, was man sich als Verbraucher wünscht – und was man sich für so manch anderes Lebensmittel ebenfalls in dieser Klarheit wünschen würde, denn: „Honig dürfen keine anderen Stoffe als Honig zugefügt werden“, sagt der Gesetzgeber. Im Honig ist Honig, sonst nix.

Simon Weber beitreibt eine kleine Imkerei in der Gemeinde Röhrnbach im Bayerischen Wald und ist grundästzlich mit der gesetzlichen Definition von Honig einverstanden. Als naturnaher Imker erfüllt er jedoch mehr an Arbeitsleistung und Kulturlandschaftspflege, als das auf den ersten Blick ersichtlich ist: „Die Honigverordnung gibt einen guten Rahmen vor. Was viele nicht wissen, einige gute Imkereien in Deutschland erfüllen die Anforderungen weit über das gesetzlich notwendige Maß hinaus.“

Traditionelle Imkerei (hier eine Beute der Imkerei Simon Weber im Winter) ist mit hohem Arbeitsaufwand verbunden. Das macht sich dafür auch in der Qualität bemerkbar.

Traditionelle Imkerei (hier eine Beute der Imkerei Simon Weber im Winter) ist mit hohem Arbeitsaufwand verbunden. Das macht sich dafür auch in der Qualität bemerkbar.

Bild: Simon Weber

Denn auch wenn das Prinzip „Honig ist Honig“ selbst für Massen- und Importprodukte grundsätzlich gilt, gibt es zig verschiedene Sorten und Qualitäten von Honig – je nachdem, wo die Bienen sammeln, ist Honig mehr oder weniger belastet bzw. unterschiedlich in Geschmack, Konsistenz oder Farbe. Doch braucht der Verbaucher dafür schon etwas Grundwissen, um guten von billigem Honig unterscheiden zu können, meint Simon Weber:  „Ein Qualitätsmerkmal von gutem Honig ist der Wassergehalt. Die Reduktion des Wassergehaltes ist ein sehr komplexer Prozess im Bienenstock. Dem Honig werden nämlich dauernd wertvolle Enzyme und Spurenelemente von den Bienen zugesetzt. Importierter Honig wird sehr häufig viel zu früh geerntet, wenn der Honig noch gar nicht reif ist und nachher industriell runtergetrocknet. Mit Honig hat das eigentlich nicht mehr viel zu tun.“

Aber wie können Verbraucher die qualitativen Unterschiede überhaupt erkennen, beziehungsweise ihre bewusste Kaufentscheidung treffen? -In der Praxis ist es schwierig, jedes Lebensmittel vor dem Kauf auf seine gustativen oder gar biochemischen Merkmale zu prüfen. Allgemeingültigte und verlässliche Kennzeichnungen sind daher seit jeher ein Eckpfeiler für den Verbraucherschutz. Aber schon jetzt mangelt es an den technischen oder auch juristischen Kapazitäten, die Einhaltung des bereits geltenden Rechtes auch effektiv durchzusetzen. Was außerdem fehlt, ist die mangelnde Rückverfolgbarkeit: Laut EU-Richtlinie wird, wie bei den allermeisten landwirtschaftlichen Produkten, bei Honig die Herkunft nur sehr schwammig angegeben. So gibt es „Honig aus Deutschland“, „Mischung von Honig aus EU-Ländern“ sowie „Mischung von Honig aus EU-Ländern und Nicht-EU-Ländern.“ Vor allem letzteres hat ganz offensichtlich überhaupt keine Aussagekraft: Ob Honig aus Costa Rica kommt oder etwa aus China, können Verbaucher nicht erkennen. Und: je mehr verschiedene Honige zum Endprodukt zusammengemischt werden, umso schwieriger wird die Labor-Analyse und damit auch die Möglichkeit, Pantschereien aufzudecken. An dieser Stelle ist also politischer Nachholbedarf gefragt.


„Honig kann man importieren, Bestäubungsleistung nicht“

Gestreckter Honig ist natürlich in Sachen Arbeitsaufwand wesentlich billiger und verschärft schon alleine deshalb den Preisdruck. Durch die Einbindung in weltweite Handelsströme ist auch die regionale Wirtschaft betroffen. Heimische Imker, die sachgemäß und unter höherem Arbeitsaufwand „echten“ Honig herstellen, sind also in Konkurrenz mit Methoden unlauteren Wettbewerbs.

Imkerin Emma Hoisl aus Ranzing im Landkreis Passau wundert sich häufig, was dem Verbraucher alles als Honig verkauft wird: „Manche Leute wissen nicht, dass so gut wie jeder naturbelassene Honig – mit nur wenigen Ausnahmen – früher oder später fest wird, also kristallisiert.“ – Bei dem in Supermärkten erhältlichen Honig, der quasi ewig flüssig bleibt, müsse man sich also die Frage stellen, was das mit dem Naturprodukt noch zu tun hat, das wir als Verbraucher eigentlich erwarten.

Heimische Bienen wie die von Imkerin Emma Hoisl produzieren nicht nur Honig, sondern gewährleisten auch die Bestäubung unzähliger Nutzpflanzen in der Region.

Heimische Bienen wie die von Imkerin Emma Hoisl produzieren nicht nur Honig, sondern gewährleisten auch die Bestäubung unzähliger Nutzpflanzen in der Region.

Bild: Regiothek

Wer also nicht nur Honig, sondern guten Honig essen will, der ist mit den Produkten kleiner, heimischer Imker wohl am besten beraten. Deren Honig wird zwar irgendwann fest – ist dafür aber kein zusammengesetzes Massenprodukt, sondern jedesmal ein Unikat. Wie guter Wein schmeckt auch guter Honig jedes Jahr ein bisschen anders – und teils von Dorf zu Dorf unterschiedlich, denn das Blütenangebot in dem Radius, den ein bestimmtes Bienenvolk anfliegt, ist in seiner Zusammensetzung einzigartig: Honig schmeckt immer so wie seine Region.

Und außerdem tut man nicht nur sich selbst durch den Genuss eines wertvollen und einzigartigen Naturproduktes etwas gutes, sondern leistet auch einen Beitrag zur Kulturlandschaftspflege, wie Emma Hoisl betont: „Bei uns Imkern gibt es einen Spruch, der den Nagel auf den Kopf trifft: ‚Honig kann man importieren, Bestäubungsleistung nicht.'“ Bei der Frage nach dem Ursprung geht es also gerade bei Honig um viel mehr als um den Inhalt eines 500g-Glases.

Weitere Imkereien bei uns:

https://www.regiothek.de/imkerei-familie-oswald-historischer-bienenhof-im-isar-huegelland-hallertau

https://www.regiothek.de/dreiburgenland-imkerei-stefan-umlauf

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