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Düngemethoden: Ist Gemüse überhaupt vegan?

Was vielen vielleicht gar nicht bewusst ist: sich nur für Brot, Obst und Gemüse zu entscheiden reicht für einen Vollblutveganer nicht aus, denn durch tierischen Dünger schleicht sich die Nutztierhaltung durch die Hintertür in das vegane Produkt ein. Wie hängen also Viehhaltung, Veganismus und Düngemethoden miteinander zusammen?

4/8/2018 - Regiothek Redaktion
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Düngemethoden: Ist Gemüse überhaupt vegan?

Das Bewusstsein für die Natur und Gesundheit der Menschen in der modernen Gesellschaft steigt. Viele möchten sich von den ökologischen und ökonomischen Missständen auf der Welt distanzieren und verschreiben sich der veganen Ernährung. Der bewusste Verzicht auf tierische Produkte jeglicher Art soll dem Umwelt-, Natur- und Klimaschutz beitragen, aber auch etwas im Hinblick auf die Tierethik und Gesundheit bewegen. Die verschiedenen Düngungsmethoden sind eine Wissenschaft für sich und für einen bewussten Einkauf und Konsum sollte man sich mit ihnen befassen.

Die Menschheit und der Dünger

Um zu verstehen, warum wir düngen, muss man sich erst einmal den Boden genauer ansehen. Unser Boden ist von Natur aus nährstoffreich, Pflanzen entziehen ihm jedoch Nährstoffe wie Stickstoff, Phosophor oder Kalium sowie Mineralsalze und wichtige Elemente. In einem natürlichen Biotop werden sie durch die Stoffkreisläufe der darin befindlichen Lebewesen immer wieder ergänzt. Im Herbst verlieren Bäume ihre Blätter, viele Pflanzen sterben ab. Auch tierische Ausscheidungs- und Verwesungsprodukte gelangen in diesen Kreislauf. Solange die Pflanzen nicht geerntet und abtransportiert werden, gelangen diese Stoffe wieder in den Boden. Aus den zerfallenden Pflanzenresten wird wieder fruchtbarer Humus mit verfügbaren Mineralstoffen. Der Feldanbau des Menschen unterbricht diesen Kreislauf, welcher mit jeder Ernte wertvolle Nährstoffe vom Boden trägt.

Hier wird gerade mit Schwefelwasserstoff gedüngt.

Hier wird gerade mit Schwefelwasserstoff gedüngt.

Bild: Lizenziert unter CC BY-SA 2.0

Diese Beobachtung machten die Menschen schon in den Anfängen ihrer Sesshaftigkeit. Um die Bodenfruchtbarkeit und Versorgung zu sichern und gleichzeitig landwirtschaftliche Produktivität konstant zu halten oder zu steigern, gibt es nur eine Lösung: die Düngung.

Seit Justus von Liebig (1803-1873) seine Erkenntnisse zur Notwendigkeit der Düngung formulierte, werden die Verluste an Mineralsalzen durch Düngung ausgeglichen. Wir unterscheiden grob zwischen zwei Arten, dem organischen und dem mineralischen Dünger. Zum organischen zählen zum Beispiel tierische Ausscheidungen und Bioabfälle. Der mineralische, synthetische Dünger wird durch technische Aufbereitung natürlicher Rohstoffe erzeugt, was sehr energieaufwändig ist. Lange vor der Erfindung der synthetischen Düngemittel durch die Chemiker Justus von Liebig oder Adolph Frank (1834-1916) wurden die Menschen kreativ. Zum Beispiel sowohl im alten China, als auch bis nach der industriellen Revolution in Europa verwendete man menschliche Exkremente zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit. Die Römer setzten auf Gründüngung mit stickstoffreichen Pflanzen. Brachezeiten hatten natürlich einen ähnlichen Effekt. Durch die Dreifelderwirtschaft (2 Jahre Anbau, ein Jahr Brache) gaben sie dem Acker alle 3 Jahre die Möglichkeit, wieder Mineralstoffe anzureichern.

Organische Düngung

Gülle, Stalldung oder Kompost ergeben ebenfalls ein duftendes Düngungsdinner für die begehrten Nutzpflanzen und ergänzen so fehlende Mineralstoffe. Durch Zersetzung werden die organischen Stoffe schrittweise mineralisiert und so zu brauchbarem Pflanzendünger. Das Sahnehäubchen? Der organische Dünger fördert zudem noch die Krümelstruktur des Bodens, welche beispielsweise durch mineralischen Dünger schrittweise zerstört wird. Bodenkrümel schützen vor Austrocknung, da das in Krümeln gebundene Wasser nicht verdunstet, und sichern einen gut durchlüfteten, humusreichen Boden.

Auch Schweinegülle wird zum Düngen verwendet, wie hier auf dem Biokreis-Betrieb Nachbar-Hof im Rottal.

Auch Schweinegülle wird zum Düngen verwendet, wie hier auf dem Biokreis-Betrieb Nachbar-Hof im Rottal.

Bild: Regiothek

Mineralische Düngung

Die Pflanzen benötigen Makroelemente (C, H, O, N, S, P, K, Ca, Mg, Fe) und Spurenelemente (Mn, Cu, Zn, Mo, Cl, Na) zum Gedeihen. Die Makroelemente Kohlenstoff (C), Wasserstoff (H) und Sauerstoff (O) kann sich die Pflanze aus dem Wasser holen. CO2 bezieht die Pflanze aus der Luft. Die restlichen Elemente müssen in den Mineralstoffen des Bodens enthalten sein. Fehlen diese, kommt es zu Mangelerscheinungen. Bereits 1855 popularisierte Justus von Liebig das „Gesetz des Minimums“.

Es besagt, dass die geringste im Dünger enthaltene Menge das Wachstum begrenzt. Ist von einem Element zu wenig enthalten, kommen die anderen nicht zur Wirkung. Deswegen analysiert man heutzutage ganz genau die Mineralzusammensetzung des Bodens, bevor man mit dem Dünger um sich spritzt und eine Überdüngung riskiert. Auch ein Zuwenig kann so vermieden werden. Die Düngung muss effizient, wie auch effektiv vonstatten gehen – weniger ist nicht immer mehr, die Konzentration muss hier perfekt sein!

Der letzte Schrei des 20. Jahrhunderts: Bioregulatoren

Heute verwendet man größtenteils Bioregulatoren, welche gezielt auf bestimmte Wachstumsprozesse wirken. Halmverkürzung, Fruchtwachstum – für jedes Problem gibt es eine Lösung in der Bioregulator-Zauberkiste. Das Hauptziel ist eine effiziente Bewirtschaftung mit schnellem Wachstum und Reife der Anbauprodukte. Ein Biohof hat einen deutlich geringeren Flächenertrag als ein konventioneller. Der Universität von Kalifornien nach sei der Ertrag im Ökolandbau im Schnitt 19 % geringer.


Ökologische Landwirtschaft – wie vegan bist du?

Die ökologische Landwirtschaft widmet sich der organischen Düngung und ist verpflichtet, auf Mineraldünger und den Einsatz transgener Pflanzen zu verzichten. Stattdessen setzen sie Fressfeinde gegen unerwünschtes Pflanzenwachstum ein. die ökologischen Landwirte verwenden lediglich Pflanzenschutzmittel auf pflanzlicher Basis oder anorganische Schutzmittel, wie z.B. Kupfersalze oder Netzschwefel. Den Anbau einer Pflanzenart, also Monokulturen, versucht der verantwortungsbewusste ökologische Landwirt ebenso zu vermeiden. Angestrebt wird ein geschlossener Kreislauf zwischen Boden, Pflanze und Tier.

Die Solawi in Passau-Unteröd arbeitet nach den Prinzipien der biodynamischen Landwirtschaft und erhält ihren Boden, Schafsmist zur Düngung und ggf. Geräte von einem Demeter-Betrieb.

Die Solawi in Passau-Unteröd arbeitet nach den Prinzipien der biodynamischen Landwirtschaft und erhält ihren Boden, Schafsmist zur Düngung und ggf. Geräte von einem Demeter-Betrieb.

Bild: Regiothek

„Nur 25% aller Biohöfe betreiben keine Viehwirtschaft.“

Die gängigste Form des Ökolandbaus ist der organisch-biologische Landbau. Klassischerweise werden hier für die Ackerfläche neben den Verkaufsfrüchten auch Futterpflanzen angebaut, welche für das eigene Vieh verwendet werden. Deren Dung und die pflanzlichen Abfälle dienen dann als Dünger für das Feld – ein Kreislauf also. Aus der Ablehnung des „Unnatürlichen“ resultiert eine Ablehnung von Kunstdünger, transgenen Pflanzen und Dünger aus Blut-, Fleisch- und Knochenmehl. Zum Düngen werden also Kuh- oder Pferdemist, Gülle und Pflanzen- oder seltener auch Schlachtabfälle verwendet. Diese Düngungspraxis setzt die Haltung und Tötung von Nutztieren voraus.

Aus Rinderhörnern wird Dünger für die biodynamische Landwirtschaft hergestellt.

Aus Rinderhörnern wird Dünger für die biodynamische Landwirtschaft hergestellt.

Bild: Regiothek

Eine aktuelle Debatte zu diesem Thema ist der Streit zwischen dem Demeter e.V. Verband und überzeugten Veganern. Demeter setzt bei seinen Partnerbetrieben eine biodynamische Landwirtschaft voraus, das heißt sie arbeiten auf der Grundlage Menschen- und Naturerkenntnis, die teilweise anthroposophisch, teilweise wissenschaftlich inspiriert ist. In den Richtlinien des Verbandes heißt es: „Den Böden und Pflanzen werden durch die Anwendung von biologisch-dynamischen Präparaten aus Heilpflanzen, Kiesel und Kuhdung Lebenskräfte vermittelt.“ Eine Zertifizierung von landwirtschaftlichen Betrieben ohne des Einsatzes von Wiederkäuern oder sonstigen Raufutterfressern wird vom Verband nicht durchgeführt – und das missfällt vielen Veganern.

Das Zauberwort? Biozyklisch-veganer Anbau!

Auf Grundlage der durch Adolf Hoops im „Biomodell Walsrode“ festgelegten biozyklischen Richtlinien entwickelte sich die Idee zum biozyklisch-veganen Anbaus. Es sollen rein pflanzliche Düngemittel, wie Kompost in Substratqualität (sog. „biozyklische Humuserde“) und Wild- und Heilkräuter zur Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit verwendet werden, gänzlich ohne den Einsatz von Viehprodukten. Es handelt sich dabei um einen kreislauforientierten Ökolandbau, der vor allem mit Kompostierung, Mischkulturen, Mulchen und vorbeugender Schädlingskontrolle durch Nützlingshabitate ermöglicht, nachhaltig und effizient gesunde Lebensmittel ohne Antibiotikarückstände aus der Viehhaltung zu erzeugen.

Ein wesentliches Kennzeichen der biozyklisch-veganen Anbaumethod ist die Verwendung von reinem Kompost in Substratqualität. Der Irrglaube, tierischer Dünger enthalte mehr Nährstoffe als pflanzlicher Dünger, hält sich dennoch wacker. Pflanzlicher Dünger wird erst dann richtig wertvoll, wenn der Kompost einem Nachreifungsprozess unterzogen wird, der ihn über die Substratreife hinaus in einen erdigen Zustand – zu Humuserde- überführt. Das tolle an biozyklischem Humus ist, dass er als Bodenverbesserer, Kohlenstoff-Bunker und Nährstoff-Batterie fungiert. Ein Allrounder!


Was bringt die Zukunft?

Wir sind auf jeden Fall gespannt, welche Innovationen es im landwirtschaftlichen Bereich noch geben wird. Allen voran sollte die Rücksicht auf eine nachhaltige Bewirtschaftung in den Fokus gesetzt werden. In Zeiten, in denen Global Player wie Bayer oder BASF den Ton angeben, liegt die andere Seite der Verantwortung bei uns, die Politik in die richtige Richtung zu lenken. Unsere Kaufentscheidungen bestimmen das Angebot.

Eine prägnante Zusammenfassung liefert Euch diese Infografik. Gerne downloaden und weiterverbreiten!

Dünger erklärt.

Dünger erklärt.

Bild: Regiothek