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Marmelade oder Senf. So entstand der Faschingskrapfen

Zwar gibt es Faschingskrapfen das ganze Jahr über, doch erfreuen sie sich zur närrischen Jahreszeit einer gesteigerten Beliebtheit – nicht zuletzt dank der Senffüllungen. Der Faschingskrapfen ist tatsächlich einer der wenigen Klassiker, der die Jahrhunderte überdauert hat. Doch wie entstand eigentlich das populäre Schmalzgebäck, und was hat es mit dem Fasching zu tun?

2/5/2018 - Simon Nestmeier
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Marmelade oder Senf. So entstand der Faschingskrapfen

Wie es so oft bei beliebten Lebensmitteln der Fall ist, gibt es auch beim Faschingskrapfen oder "Berliner Pfannkuchen" mehrere Geschichten über seine Entstehung. So erzählt man sich in etwa die Legende von der Erfindung der Faschingskrapfen durch die Hofratsköchin Cäcilie (Cilli) Krapf im Wien des ausgehenden 17. Jahrhunderts. Als Namenspatin des Schmalzgebäcks wird ihr die Erfindung des Krapfens sogar in unterschiedlichen Versionen zugeschrieben. Eine Geschichte besagt, ihr sei beim Kochen versehentlich ein Stück Hefeteig ins heiße Fett gefallen - der dann so gut geschmeckt habe, dass daraus die "Cilly-Kugeln" entstanden, wie sie damals genannt wurden. Eine noch poetischere Version lautet, sie habe vor Ärger über ihren Lehrbub mit einem Stück Teig nach demselbigen gezielt, ihr Ziel verfehlt und stattdessen den heißen Schmalztopf getroffen.

In Norddeutschland erzählt man sich eine andere Story. Die "Pfannkuchen", wie man die Faschingskrapfen in Berlin bezeichnet, seien während des Siebenjährigen Krieges von einem Soldaten erfunden worden, der wehruntauglich war und deshalb als Bäcker seinen Dienst verrichtete. In der Armee des Alten Fritz herrschte bekanntermaßen ein verlässlicher Patriotismus, so dass der junge Bäcker in Ermanglung eines Ofens ein Schmalzgebäck erfand, das den Kanonenkugeln der königlich-preussischen Artillerie nachempfunden war.

Leider stimmen beide Legenden nicht, und nicht einmal das Wort "Krapfen" geht auf Madame Krapf zurück. Der althochdeutsche "Krapho" lässt sich bis ins neunte Jahrhundert zurückverfolgen, und sogenannte "Kraphenpacherinnen" in Wien, also Krapfenbäckerinen, sind urkundlich bereits im Jahr 1486 belegt.


Die alten Römer aßen "Globuli" mit Honig und Mohn

Für den Krapfen braucht es nicht viel. Und so ist es nicht verwunderlich, dass das doch recht rudimentäre Grundrezept, Teigklöße in heißem Fett zu backen, noch viel älter ist. So wurde bei archäologischen Funden in Ägypten ein erstaunlich gut konserviertes rundes Stück Schmalzgebäck gefunden: der erste nachweisbare Krapfen.

Auch die alten Römer aßen in Schmalz gebackene Teigklöße. Sie nannten sie "Globuli" und aßen sie zu Festtagen in Mengen, die nach heutigem Empfinden nicht mehr als homöopathisch durchgehen würden. Zucker oder Marmelade gab es im Alten Rom noch nicht, weshalb man die Globuli nicht mit Fruchtmarmelade füllte, sondern einfach nach dem Backen verfeinerte. Marcus Porcius Cato der Ältere beschreibt Mitte des zweiten Jahrhunderts vor Christus in seinem Werk De agri cultura [Abs. 79] das Rezept: „Man mische geronnene Milch mit Speltmehl und mache daraus so viele Kügelchen wie es angeht. Dann tue Fett in einen heißen Kessel, koche darin die Globuli und wende sie mit zwei Kochlöffeln fleißig um; wenn sie fertig sind, nimm sie heraus und bestreiche sie mit Honig und streue Mohn darauf.“

Der Faschingskrapfen kann also mit Fug und Recht für sich beanspruchen, eines der wenigen Lebensmittel zu sein, das nie aus der Mode kam und die kulinarischen Wirren der Jahrhunderte überdauerte. Zurück nach Wien: dort erfreuten sich die Krapfen größter Beliebtheit zur Zeit des Wiener Kongresses. Im Jahr 1815 sollen um die zehn Millionen Krapfen verspeist worden sein - die meisten davon bei offiziellen Anlässen von den Kongressteilnehmern selbst. Der Wiener Komponist Johann Strauß Sohn schrieb später, im Jahr 1869, eine Polka namens „Im Krapfenwaldl“, um darauf Bezug zu nehmen. Doch wieso isst man sie heute eigentlich hauptsächlich zur Faschingszeit?

Auch die Verbindung zwischen "Fasching" und "Krapfen" ist schon seit sehr langem nachgewiesen. Der Nürnberger Meistersinger Hans Sachs (1494-1576) hat sogar ein Fastnachts-Schauspiel mit dem Titel Das Krapfenholen geschrieben. Eine gängige Erklärung ist, dass vor Beginn der Fastenzeit noch die übrigen Eier- und Fettvorräte aufgebraucht werden mussten. Beliebt sollen Faschingskrapfen auch bei Mönchen gewesen sein, die vor der entbehrungsreichen und besonders streng ausgelegten Fastenzeit noch ordentlich Hüftgold ansetzen wollten. Auch dem einfachen, oft unterernährten Volk soll von der Geistlichkeit in früheren Jahrhunderten dazu geraten worden sein, das kalorienhaltige Gebäck anstatt des Brotes im Fasching zu sich zu nehmen, um die Fastenzeit gesund zu überstehen.


Eine Frage der inneren Werte: Marmelade oder Senf?

Als letztes bleibt zu klären, was es mit der Füllung auf sich hat. Die Füllung mit Marmelade, Pudding, Eierlikör oder anderen süßen Sachen geht auf die städitsche, bürgerliche Feinbackkunst der Barockzeit zurück. Und bei der Senffüllung der Faschingskrapfen handelt es sich wahrscheinlich lediglich um einen profanen Schabernack zur närrischen Zeit, Wann und wo dieser Brauch aufgetreten ist, konnte unsere Recherche leider nicht ergeben. Hier sei anzumerken, dass Senf nicht die einzige mögliche karnevalistische Füllung ist. Auch Sägespäne, Zwiebeln oder ein Geldstück können darin versteckt werden, wobei in Deutschland und Österreich der Senf natürlich der Klassiker bleibt.

Zwei Krapfen

Faschingskrapfen von der Bäckerei Grafmühle in Thyrnau.

Bild: Regiothek

Die Frage nach den inneren Werten eines Krapfens lässt sich erst seit einigen Jahren eindeutig vorhersagen - durch moderne Diagnostik. Im Jahr 2008 gab es tatsächlich eine Veröffentlichung im wissenschaftlichen Journal "Fortschritte auf dem Gebiet der Röntgenstrahlen und der bildgebenden Verfahren" (RöFo 180, 2008, 318), die Bezug auf das Krapfen-Screening per CT und MRT am Universitätsklinikum München nahm. Bei der Studie - die allerdings einen ernsten medizinischen Hintergrund hatte  - wurden vier verschiedene Faschingskrapfen per CT und MRT analysiert: einer mit Pudding, einer mit Konfitüre, einer mit scharfem und einer mit süßem Senf. Sogar die verschiedenen Senfsorten konnten so unterschieden werden. Die Mediziner um Dr. Dominik Morhard stellten fest: "Mit Marmelade, Pudding oder Senf gefüllte Krapfen lassen sich sowohl in der MRT als auch in der Dual-Energy-CT gut differenzieren. Der Verzehr eines senfgefüllten Krapfens lässt sich also zuverlässig vermeiden."

Faschingskrapfen aus regionalen Zutaten gibt es übrigens bei der Biobäckerei Wagner und bei der Bioholzofenbäckerei Grafmühle. Welche davon mit Marmelade und welche mit Senf gefüllt sind, müsst Ihr jedoch selbst herausfinden - außer Ihr habt ein MRT zu Hause. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Krapfen einfach selbst zu backen. Regionales und biologisch erzeugtes Mehl dafür gibt es bei den beiden Bäckereien oder auch bei der Getreidereinigung Dankesreiter. Und als Senf in den unterschiedlichsten Variationen empfehlen wir die Produkte der Senfmühle Weber in Vilshofen.


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